Von Manfred Thelen
Es war einmal ein renommierter Kegelclub prominenter Ortshonoratioren vom Kiesbaron bis zum Oberförster, die gegen Ende der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts beim Burger (Eilerstraße) regelmäßig Montagabend tagten. Sie leisteten sich einen pfiffigen Kegeljungen, denn eine vollauto-matische Bahn war damals noch Zukunftsmusik. Der Bursche verstand es, geschickt ein von weitem unsichtbares Garn um die fünf Pinne des Hinterkranzes zu platzieren, um immer dann, wenn ein präziser Gassenwurf zu gelingen drohte, natürlich gleichzeitig ruckartig am Garn zu ziehen, damit diese Klötze fielen. Und wenn dann der Rest vom Kugelwurf abgeräumt wurde, waren in der Regel alle Neune oder gar ein Kranz angezeigt. Jubel allenthalben, Ehrenrunde Kölsch und selbstverständlich Freibier für den Kegeljungen. Sein System hatte er so perfektioniert, dass er für ausgleichende Gerechtigkeit sorgte und praktisch jeder Kegelbruder im Laufe des Abends zu erfolgreichen Würfen kam. Alle waren zufrieden; heute würde man sagen: Typische win win Situation.
Nun ergab es sich, dass eine Grippewelle alle verfügbaren Kegeljungen außer Gefecht setzte und mein Patenonkel, ehemaliger Landwirt und Pächter von Burg-Rath, nebenberuflich Präsident auf Lebenszeit dieses ehrwürdigen Clubs, mich als Aushilfskraft anheuerte. Ohne Kenntnis des Tricks des Stammpersonals wurde dieser Kegelabend ein Desaster; es fiel so gut wie nichts:
Dat lett am Wedder oder de Bahn es hück schlääch jefläg!
Ich dagegen befürchtete, dass die Herren aufgrund fortschreitender Arthrosen ihre Gliedmaßen nicht mehr unter Kontrolle hatten und diese Beschwerden vernünftige Würfe verhinderten. Jedenfalls stieg der Frust im Laufe des Abends, der Wirt beklagte Umsatzeinbußen, weil Ehrenrunden ausblieben. Von in der Regel gut unterrichteten Kreisen erfuhr ich später, dass einige Kegelbrüder den enttäuschenden Abend sozusagen kompensatorisch in Köln in der Szene-Bar Kokette ausklingen ließen.
Ich wurde nie mehr beschäftigt: „Dä pass uns net, dä brengk kei Jlöck!“